Der europaweit ausgelobte Architektenwettbewerb für den Ergänzungsbau des Theaterhauses ist entschieden. Unser Beitrag hat es in den zweiten Rundgang geschafft.
Das Theaterhaus Stuttgart auf dem Pragsattel vereint verschiedene Kunstsparten, Experimentelles und Populäres, international bekannte Künstler und neu entwickelte Projekte unter einem Dach. Das Theaterhaus hat mit dieser Veranstaltungsvielfalt und dem rauen Charme der Spielstätten einen herausragenden Stellenwert in der Kulturlandschaft Stuttgarts eingenommen. Darüber hinaus hat das junge, dynamische Ensemble von Gauthier Dance in kürzester Zeit internationale Reputation gewonnen und wurde zu einem Aushängeschild für den Kulturhub am Pragsattel. Mit dem Ergänzungsbau wird die Entwicklungsfähigkeit des Theaterhauses Stuttgart nun langfristig gesichert. Unseres Erachtens sollte dabei der industrielle, etwas unfertige Charakter der Spielstätte, der Reiz des Wandelbaren erhalten bleiben. Das Theaterhaus Stuttgart benötigt eine funktionale Ergänzung - keine neue Identität.
Der Ergänzungsbau verzichtet daher bewusst auf einen städtebaulich möglichen Hochpunkt. Das liegende, dynamische „Theaterregal“ entwickelt die Ästhetik der ehemaligen Rheinstahlhallen konsequent weiter. Ein spannender einsehbarer Wandelgang, die Theatermagistrale führt den öffentlichen Vorplatz in den Ergänzungsbau und verknüpft alle Spielstätten miteinander. Die belebte Atmosphäre des genutzten Hauses wird damit Teil der Gebäudeinszenierung. Der Ergänzungsbau bereichert das Motiv des agilen Kulturmarktplatzes am Pragsattel.
Der längs geschichtete Ergänzungsbaus schafft einen spannungsvollen räumlichen Bezug zu der gestapelten Architektur des Bestandsgebäudes. Der Freiraum zwischen den Gebäuden wird damit zu einem bespielbaren Theaterplatz. Die Freitreppe welche den Anlieferhof mit dem Vorplatz verbindet bietet den perfekten Rahmen für Open Air Veranstaltungen jeder Art. Alle öffentlich wirksamen Funktionen des Ergänzungsbaus liegen entlang dieses Platzes. Wie ein Schaukasten zeigt der Neubau auf seiner gesamten Länge Tanz, Werkstatt, Gastronomie und die Spielstätten der freien Szene. Trotz der auskragenden Magistrale bleibt die Sichtachse zwischen Maybach- und Stresemannstraße erhalten. Der südwestliche angrenzende Quartiersplatz wird durch den Gastronomiestützpunkt des Ergänzungsbaus bespielt. Die Ziegelfassade des Saals kann auf der Südseite entlang der Wohnbebauung begrünt werden, um das Mikroklima zu verbessern.
In der über dem Eingangsbereich schwebenden, ziegelverkleideten Box bietet der Saal Raum für 586 „vollwertige“ Plätze, die mit guter Sicht frontal zur Bühne angeordnet sind. Daneben sind 40 zusätzliche Plätze auf 2 seitlichen Galerieebenen angeordnet. Die 580 Plätze teilen sich auf 394 Sitzplätze im Parkett und Hochparterre (zzgl. Rollstuhlplätze) und 192 Plätze auf dem Balkon. Im bühnennahen Bereich auf 2/3 der Gesamtfläche des Parketts ist der Raum auch eben nutzbar. Hierfür ist eine teleskopierbare Tribühne vorgesehen, welche im hinteren Hallenteil kompakt lagerbar ist. Die Ausbildung des Parketts, mit einen Hochparterre, erlaubt die Einrichtung eines Regieplatzes im Saal welcher keine Sichtbehinderungen für das Publikum verursacht.
Im Gegensatz zum Parkett ist der Hochparterre und der Balkon mit einer festen Bestuhlung geplant. Die seitlichen Saalwände sind durch die Galerien zusätzlich belebt und unterstreichen den Werkstattcharakter des Saals. Diese Galerien können durch temporäre Treppen auch für die Performance genutzt werden.
Der Saal ist in tiefdunklem Blau funktional und zurückhaltend gestaltet. Nichts lenkt vom Bühnengeschehen ab. Die versetzt gestapelte Ziegelwand erlaubt bei Bedarf auch gefilterte Tageslichtbezüge im Inneren. Kastenfenster sorgen für die notwendige akustische Abschirmung
Visualisierungen Janusch, Wien